ChatGPT-Anzeigen kommen – aber sie werden vermutlich nicht wie Google Ads aussehen

08.11.2025

Sam Altman skizziert ein neues Werbemodell: beste Empfehlung, dann Kauf per Klick – ohne bezahlte Rankings. Was das für Marken und SEO bedeutet.

In einem Gespräch bei Conversations with Tyler deutete OpenAI‑CEO Sam Altman an, dass ChatGPT „irgendwann“ mit Anzeigen experimentieren werde. Gleichzeitig betonte er, dass Werbung nicht die wichtigste Umsatzquelle für OpenAI sei und dass Vertrauen die zentrale Währung im Verhältnis zwischen Nutzer:innen und Assistent sei.

„Ads on a Google search are dependent on Google doing badly. If it was giving you the best answer, there’d be no reason ever to buy an ad above it.“ – Sam Altman

Altmans Kernthese: Google verdient, wenn Ergebnisse nicht gut genug sind. ChatGPT dagegen solle nur dann verdienen, wenn es Nutzer:innen überzeugende, hilfreiche Antworten liefert.

Was Altman kritisiert: Der Anreizkonflikt klassischer Suchanzeigen

  • Bei Suchmaschinen werden bezahlte Platzierungen über den organischen Ergebnissen angezeigt.
  • Wenn die beste Antwort ohnehin ganz oben stünde, gäbe es keinen Grund, eine Anzeige darüber zu kaufen.
  • Das Geschäftsmodell ist damit teilweise nicht vollständig aligned mit dem Interesse der Nutzer:innen.

Wie ChatGPT‑Ads aussehen könnten (laut Sam Altman)

Prinzip: Zeige zuerst die beste Empfehlung. Wenn die Nutzerin/der Nutzer anschliessend mit einem Klick bucht oder kauft, erhält OpenAI eine kleine, einheitliche Provisionohne dass diese Provision die Reihenfolge oder Auswahl der Empfehlung beeinflusst.

„If ChatGPT shows you its guess – the best hotel – and then if you book it with one click, [ChatGPT] takes the same cut that it would take from any other hotel … I think that’s probably OK.“

Konkrete Felder für Tests:

  • Travel/Hotels („We’ll do that for travel at some point.“)
  • Später denkbar: Restaurants, Software, lokale Services, Produkte.

Wichtig: Altman sagt, er arbeitet selbst nicht an diesem Produkt – die Details seien offen.

Was ChatGPT nicht tun wird

  • Keine Pay‑to‑Play‑Antworten. Wenn Geld die Rankings korrumpiert, bricht Vertrauen – „catastrophic for your relationship with ChatGPT“.
  • Anzeigen sollen nicht die Qualität der Antwort verschlechtern.
  • Ziel ist ein nutzerzentriertes, vertrauensbasiertes Commerce‑Erlebnis.

Warum das wichtig ist – für Marken, Publisher & SEO

Wenn sich Altmans Vision durchsetzt, verschieben sich Such‑ und Kaufpfade:

  1. Vom Query zur Konversation: Die gesamte Journey – Frage → Empfehlung → Buchung/Kauf – passiert in einem Dialog.
  2. Weniger klassische SERPs: Sichtbarkeit entsteht innerhalb von Chat‑Antworten statt über Seiten‑Rankings.
  3. Qualität > Gebot: Relevanz, Datenqualität und tatsächliche Nutzerzufriedenheit gewinnen gegenüber reiner Auktionskraft.
  4. Messbarkeit verändert sich: Attribution verlagert sich auf Konversations‑KPIs (z. B. „trusted recommendation → conversion“).

Was Unternehmen jetzt tun sollten

1. Produktdaten kuratieren.

  • Vollständige, aktuelle, strukturierte Feeds (Preis, Verfügbarkeit, Policies, Bewertungen, Bilder).
  • Echte Alleinstellungsmerkmale klar herausstellen (USP‑Felder, Guarantee, Nachhaltigkeit, Servicelevel).

2. Trust‑Signale stärken.

  • Verifizierte Rezensionen, transparente Bedingungen, zuverlässiger Support.
  • Post‑Purchase‑Erlebnis optimieren (Retouren, SLA, Kulanz) – das fliesst in künftige Empfehlungen ein.

3. Konversations‑Commerce pilotieren.

  • Ein‑Klick‑Flows (Checkout‑APIs, Deep Links, universelle Warenkörbe).
  • Consent‑basiertes First‑Party‑Daten‑Setup für personalisierte, aber nicht manipulative Empfehlungen.

4. Content für Antworten statt Seiten.

  • Kompakte, präzise Antwortbausteine (z. B. „best for…“, „avoid if…“), die sich gut in Chat‑Kontexte einfügen.
  • Vergleichstabellen und Entscheidungslogik offenlegen (wann ist A besser als B?).

5) Erfolg neu messen.

  • KPIs wie Recommendation Share, Trusted Click‑Through, One‑Click Conversion Rate, Repeat‑Use Rate.

Offene Fragen

  • Transparenz: Wie wird kenntlich gemacht, wenn eine Provision fliesst?
  • Neutralität: Wie wird sichergestellt, dass Provisionshöhen nie das Ranking beeinflussen?
  • Ökosystem: Welche Partner (OTAs, Händler, Payment) sind eingebunden?
  • Regulierung: Welche Disclosure‑Pflichten gelten in verschiedenen Märkten?

Fazit

Altman beschreibt ein vertrauensgetriebenes Anzeigen‑ und Commerce‑Modell für KI‑Assistenten: Erst die beste Antwort, dann ein friktionsloser Abschluss – und nur dann eine Provision. Gelingt dieser Spagat, könnte sich die Customer Journey vom Suchergebnis hin zur Konversation verlagern. Für Marken heisst das: Datenqualität, Differenzierung und Nutzervertrauen werden zum neuen „Gebot“.

Das Wichtigste in Kürze:
  • Sam Altman hält Anzeigen in ChatGPT grundsätzlich für möglich, sieht sie aber nicht als grösstes Umsatzpotenzial von OpenAI.
  • Das Google‑Suchanzeigenmodell profitiert laut Altman dann, wenn die Suche scheitert – ein Interessenkonflikt, den ChatGPT vermeiden will.
  • Möglicher Ansatz: Provision bei Ein‑Klick‑Buchung/Kauf nach einer neutralen, besten Empfehlung – ohne Pay‑to‑Play.
  • Für Marken bedeutet das: Sichtbarkeit entsteht über Qualität und Relevanz innerhalb eines Dialogs, nicht über Gebote auf Platz 1.
MP